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Der "verschwundene" Kleingärtner

Gründe, dass der bisherige Nutzer sich offensichtlich nicht mehr um die Parzelle kümmert, können vielgestaltig sein. Deshalb ist es notwendig, dass Verein und Zwischenpächter die Ursachen dafür in Erfahrung bringen: Wohnungswechsel, weit entfernter Arbeitsort, Auslandseinsatz, Inhaftierung, aber auch fehlende Lust auf den Garten.

 

Solange der Aufenthaltsort bekannt ist und der erforderliche Schriftverkehr (Abmahnung, Kündigung) zugestellt werden kann, sind die notwendigen Aktivitäten einfacher zu gestalten, als wenn der Aufenthaltsort unbekannt ist. Abmahnung und Kündigung müssen aber den Adressaten nachweisbar erreichen. Leider ist weder in Satzung noch Unterpachtvertrag (hier außer nach 1991) eine Pflicht formuliert, dem Verein die jeweils aktuelle Wohnanschrift mitzuteilen. Sind alle Möglichkeiten (Zustellung an die letzte bekannte Adresse durch Einwurf in den noch namentlich gekennzeichneten Hausbriefkasten oder durch Einwurfeinschreiben) erfolglos geblieben, bleibt nur die öffentliche Zustellung durch öffentliche Bekanntmachung. Dabei ist das Amtsgericht behilflich; dieses gibt auch Hinweise für das weitere Vorgehen.

 

Bleibt der Gartenfreund nach rechtswirksam zugestellter Kündigung mindestens ein Jahr lang untätig, entsteht der Eindruck, er habe den Besitz an der Parzelle aufgegeben. Von Besitzaufgabe kann in der Regel ausgegangen werden, wenn die Pachtzeit abgelaufen ist, die zurückgelassenen Sachen wertlos sind und der gegenwärtige Aufenthalt des ehemaligen Pächters nicht ermittelt werden konnte.

 

Damit aber der Verein wieder über die Parzelle verfügen und sie vom Eigentum des ehemaligen Pächters beräumen kann, bedarf es eines gerichtlichen Räumungstitels. Erst nach dessen Vorliegen darf die Laube geöffnet und beräumt werden. Ansonsten ist die Beräumung eine verbotene Selbsthilfe, die zum Schadensersatz gemäß § 231 BGB führt. Insbesondere, wenn der Gekündigte von der Inbesitznahme seiner Parzelle nichts weiß und deshalb seine Rechte nicht wahr nehmen konnte, haben der Verein/ Verband eine besondere Obhutspflicht für dessen Eigentum. Dieses ist zu erfassen, der Zustand zu beurteilen und in einem Protokoll mit Unterschrift der Zeugen (die nicht Vorstandsmitglieder sein sollten) festzuhalten.

 

Wie mit dem Eigentum zu verfahren ist, sollte mit dem Amtsgericht abgesprochen werden, zumal ja die Parzelle wieder vergeben wird. In der Regel wird man den Verkaufserlös aus Laube und Gartenbestandteilen mit den aufgelaufenen Verbindlichkeiten, Aufwendungen und Beräumungskosten verrechnen. Sämtliche Handlungen und Aufwendungen sollten dokumentiert und archiviert werden. Der übriggebliebene Teil des Verkaufserlöses ist im Verein oder beim Verband zu hinterlegen.

 

Fazit: Ohne einen gerichtlichen Räumungstitel kann die Parzelle vom Verpächter nur mit der Gefahr einer Schadensersatzpflicht gegenüber dem gekündigten Kleingärtner beräumt werden.

 

Hinweis: Bei der nächsten Satzungsänderung unbedingt aufnehmen, dass dem Verein stets die aktuelle Wohnanschrift mitzuteilen ist und dass ein Schreiben auch dann als wirksam zugestellt gilt, wenn es an die letzte dem Verein mitgeteilte Adresse des Mitglieds gerichtet wurde. Dann treffen die Nichtzustellbarkeit eines Schriftstückes und die sich daraus ergebenden Rechtsfolgen den Adressaten selbst.

 

Dr. Rudolf Trepte